Einsatz für mehr Wildnis in Deutschland: Interview mit den ersten KlimaWildnisBotschafter*innen Deutschlands

Im Gespräch: Ina-Marlene Schnetzer und Andreas Bayer

Sie sind seit Juli 2025 die zwei ersten KlimaWildnisBotschafter*innen Deutschlands. Wie kam es dazu?

Andreas Bayer © privat arbeitet seit Juli 2025 als erster KlimaWildnisBotschafter Deutschlands in der Region Frankenwald/Thüringen.

Andreas Bayer: Mein Weg zum ersten KlimaWildnisBotschafter Deutschlands begann mit meinem Masterstudium der Forst- und Umweltingenieurwissenschaften. Im Anschluss arbeitete ich als Gebietsbetreuer für den Naturpark Frankenwald, angestellt bei der Ökologischen Bildungsstätte. Parallel dazu durfte ich für die Stiftung Lebensräume für Mensch und Natur das Projekt „Beweidungskomplex Kreuzberg“ nachbetreuen.

Es motiviert mich besonders, dass ich mitten im Projektgebiet geboren und aufgewachsen bin und auch heute hier lebe. Dadurch kenne ich die Landschaften und Natur des Frankenwaldes wie auch des Thüringer Waldes sehr genau. Ebenso sind mir die Menschen und Akteure der Region vertraut, sodass ich die Besonderheiten und Zusammenhänge kenne. Als Gebietsbetreuer habe ich das Gebiet und seine speziellen Charakteristika dann noch besser verstehen gelernt. Als ich hörte, dass die Stiftung ein KlimaWildnis-Projekt plant, war für mich schnell klar, dass ich mich um die Stelle als KlimaWildnisBotschafter bewerbe. Der Naturschutz in meiner Heimat liegt mir sehr am Herzen und die Projektidee hat mich sofort überzeugt. Seit Juli 2025 bin ich nun gemeinsam mit meiner Kollegin Ina-Marlene Schnetzer als KlimaWildnisBotschafter*in tätig – mit dem Ziel, Menschen für Wildnis, Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebensräume zu gewinnen.

Ina-Marlene Schnetzer © André Dicker arbeitet seit Juli 2025 als erste KlimaWildnisBotschafterin Deutschlands in der Region Frankenwald/Thüringer Wald.

Ina-Marlene Schnetzer: Ich bin Diplom-Politikwissenschaftlerin und Redakteurin. Meine Fachgebiete sind die Politik und die Kommunikation. Als Büroleiterin und Referentin des bayerischen Stimmkreisabgeordneten in den Landkreisen Kronach und Lichtenfels war ich über elf Jahre in der Bayerischen Landespolitik tätig. Unter anderem durfte ich in dieser Funktion regionale und bayernweite Naturschutzprojekte und -initiativen kommunikativ und politisch begleiten. Darunter waren Projekte und Initiativen mit dem Bund Naturschutz in Bayern, dem Landesbund für Vogelschutz sowie die Naturschutzprojekte der Stiftung Lebensräume für Mensch und Natur im Landkreis Kronach. Zudem habe ich gemeinsam mit dem Bayerischen Umweltministerium 2017 den Dialogprozess zu einem möglichen dritten Nationalpark in Bayern mit Blick auf den Frankenwald organisiert.

Ich setze mich sehr gerne für den Natur- und Umweltschutz ein und ich bin dem Frankenwald/Thüringer Wald sowie den Menschen in dieser Region durch meine langjährige Arbeit für diese Region sehr verbunden. Mir ist es wichtig, einzubinden, Brücken zu bauen und Verständnis dafür zu schaffen, dass wir für eine gute Zukunft im Frankenwald/Thüringer Wald beides brauchen: Ökologie und Ökonomie.

Als ich erfuhr, dass die Stiftung Lebensräume für Mensch und Natur eine*n KlimaWildnisBotschafter*in sucht, habe ich mich um die Stelle beworben und ich freue mich sehr, dass meine Bewerbung überzeugt hat.

Sie teilen sich eine Stelle. Was sind Ihre Aufgaben und wie teilen Sie sich diese auf?

Andreas Bayer: Wir haben eine klare Aufgabenteilung entwickelt, die unsere jeweiligen Stärken und Erfahrungen aufgreift. Mein Schwerpunkt liegt in der fachlichen Ausarbeitung und Betrachtung des Themas KlimaWildnis. Dazu gehört es, Netzwerke aufzubauen und die notwendigen Informationen in die Region zu tragen – sowohl zu den Menschen vor Ort als auch zu Flächeneigentümern*eigentümerinnen und Institutionen. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist es, im Gespräch über mögliche schützenswerte Flächen gemeinsame Lösungen zu entwickeln und am Ende die strategische Ausarbeitung für die konkrete Umsetzung neuer Naturwaldflächen vorzunehmen.

Ina-Marlene Schnetzer: Meine Aufgaben sind die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die politische Kommunikation. Ich koordiniere den medialen Auftritt des Projekts, sorge für die richtige Ansprache von Öffentlichkeit und Politik und bringe unsere Themen über klassische sowie digitale Medien in die Breite.

So ergänzen wir uns: Während Andreas Bayer vor allem die naturschutzfachlich-strategische Basis für das Projekt schafft, kümmere ich mich darum, die Menschen zu informieren, einzubinden und eine möglichst breite gesellschaftliche Resonanz für das Projekt zu erreichen.

Warum setzen Sie sich für mehr Wildnis in Deutschland ein?

Ina-Marlene Schnetzer: Wie wir jetzt mit der Natur und dem Klima umgehen, wird darüber entscheiden, wie lebenswert die Heimat nachfolgender Generationen weltweit sein wird. Deshalb stehen wir jetzt in der Verantwortung aktiv zu sein, um Natur und Umwelt zu schützen und zu bewahren. Mit meinem Einsatz für die Wildnisentwicklung kann ich dazu einen kleinen Beitrag leisten.

Gleichzeitig bin ich sehr naturverbunden und ich durfte bereits erleben, wie faszinierend und schön Wildnis sein kann. Wir leben in einer sehr strukturierten und schnelllebigen Welt. Im Gegensatz dazu ist wilde Natur unstrukturiert, sie wirkt ursprünglich und entschleunigend. Ich bin überzeugt, dass die Menschen in Deutschland auch mehr Wildnisgebiete brauchen, weil das Erleben von wilder Natur erdet und einen erholsamen Rückzug ermöglicht.

Andreas Bayer: Der Schutz der Natur ist für mich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich ein zentrales Anliegen. In meiner Freizeit bin ich sehr viel draußen unterwegs – ob beim Wandern, Laufen, Mountainbiken oder einfach beim Verweilen im Wald. Diese enge Verbindung zur Natur macht mir jeden Tag bewusst, wie wertvoll unberührte Landschaften für Erholung, Artenvielfalt und Klima sind.

Gleichzeitig sehe ich mit Sorge, dass die Flächen, in denen sich Natur frei entwickeln kann, durch die zunehmende Ausbreitung des bebauten Raums stetig kleiner werden. Deshalb ist es für mich essenziell, der Natur wieder mehr Raum zurückzugeben. Mehr Wildnis in Deutschland bedeutet nicht nur Schutz für bedrohte Lebensräume und Arten, sondern auch eine Investition in unsere eigene Zukunft – in gesunde Ökosysteme, die dem Klimawandel standhalten und uns Menschen Lebensqualität schenken.