Wildnisstiftung mit neuem Ratsvorsitz

Dr. Hans-Joachim Mader (links) und sein Nachfolger Dr. Christof Schenck, der neue Ratsvorsitzende der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Foto: Sebastian Hennigs

Dr. Hans-Joachim Mader (links) und sein Nachfolger Dr. Christof Schenck, der neue Ratsvorsitzende der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Foto: Sebastian Hennigs

Dank und Ehrung zum Abschied von Dr. Hans-Joachim Mader

Potsdam/Lieberose/Jüterbog. Der Rat der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg hat mit Dr. Christof Schenck einen neuen Ratsvorsitzenden gewählt. Bei der Stiftungsratssitzung im Mai nahe Lieberose wurde der Rat mit neun Mitgliedern neu konstituiert. Dr. Hans-Joachim Mader, der die Stiftung seit Gründung im Jahr 2000 als Ratsvorsitzender geleitet hatte, verabschiedete sich auf eigenen Wunsch aus dem Gremium. Der 71-jährige wurde für seine großen Verdienste um die Stiftung geehrt.

Mit einer herzlichen Verabschiedung dankte die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg ihrem visionären Ideengeber und Mitbegründer Dr. Hans-Joachim Mader, der sich nach 16 Jahren Leitung des Stiftungsrates aus eigenem Wunsch aus dem Gremium verabschiedete. Der 71-jährige möchte sich nun verstärkt seiner Familie und künstlerischen Projekten sowie der internationalen Zusammenarbeit im Naturschutz widmen. Für großes Engagement, Zielstrebigkeit und unermüdliche Arbeit beim Aufbau und der Entwicklung der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg wurde er bereits 2014 zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Hubertus Meckelmann, mit dem Bruno H. Schubert Preis geehrt.

Mit mutiger Vision und großer Energie setzte sich Dr. Hans-Joachim Mader nach dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Brandenburg Anfang der 1990er Jahre dafür ein, ehemalige Truppenübungsplätze als wertvolle, letzte großflächig unzerschnittene Gebiete für den Naturschutz zu sichern. Die erfolgreiche Entwicklung der Stiftungsarbeit brachte er zielstrebig und konsequent voran und erkannte frühzeitig die Bedeutung von Biotopverbund für den Wildnisschutz. Er gehörte zu den ersten Verfechtern der Wildnisidee in Deutschland und hat die Vision der Stiftung, Urwälder von morgen zu schaffen, zusammen mit seinem langjährigen Stellvertreter Dr. Christof Schenck, entscheidend geprägt. Mit Dr. Christof Schenck hat der Rat einen optimalen Nachfolger für das Amt des Ratsvorsitzenden gewählt. Der Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt ist seit 2000 im Rat aktiv und als Wegbereiter und Stratege maßgeblich am Erfolg der Stiftungsarbeit beteiligt. Zum neuen stellvertretenden Ratsvorsitzenden wurde Axel Steffen gewählt. Er ist Abteilungsleiter Naturschutz im Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg und bereits langjährig im Rat engagiert.

Als neue Ratsmitglieder wurden Karin Müller, Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg und Markus Semer begrüßt, der die Ratsnachfolge von Achim Bernhardt als Vertreter des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg übernahm. In ihrem Amt bestätigt wurden die Ratsmitglieder Dr. Diana Pretzell (WWF), Christian Unselt (NABU), Claus Obermeier (Gregor Louisoder Umweltstiftung), Gerold Dieke (Zoologische Gesellschaft Frankfurt) und Heinrich Hartong (Landschafts-Förderverein Nuthe-Nieplitz-Niederung).

Weitere Informationen: 

Stiftung Naturlandschaften Brandenburg

Weitere Naturwälder in Hessen

Naturschutzverbände begrüßen weitere Naturwälder in Hessen.
Rechtliche Sicherung aber unzureichend – weitere Gebiete notwendig.

Naturwald in Hessen (c) NABU/delpho

Wetzlar / Frankfurt – Weitere Landeswälder werden nach einer neuen Entscheidung des hessischen Umweltministeriums aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen. Sie gelten nun als „Kernflächen“ und stehen fortan für Natur- und Artenschutz und der Bevölkerung für die Erholung zur Verfügung. Die nun erfolgte Erweiterung beträgt 5.800 Hektar, so dass die Holznutzung in Hessen nun auf drei Prozent der Waldfläche eingestellt wurde. Die Naturschutzorganisationen Naturschutzbund Deutschland (NABU), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), WWF Deutschland, Greenpeace und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) begrüßen diese Erweiterung.

Als positiv sehen sie, dass sich auch einige größere Waldgebiete über 500 Hektar zu Naturwäldern entwickeln können. Allerdings fordern die Verbände von der Landesregierung, dass sie die Wälder bis zum Ende der Legislaturperiode (2019) noch als Naturschutzgebiete absichert. Die Landesregierung soll zudem in den nächsten Jahren noch weitere Waldschutzgebiete von rund 16.000 Hektar auswählen, damit sie das eigene Ziel erreicht, fünf Prozent der Waldfläche sich natürlich entwickeln zu lassen. In den Waldschutzgebieten könnten die Bäume ihr natürliches Alter von bis zu 400 Jahren erreichen. Im Wirtschaftswald würden hingegen die meisten Bäume schon „im jugendlichen Alter“ mit 120 bis 140 Jahren gefällt.

BUND, Greenpeace, NABU, WWF und die ZGF hatten dem Umweltministerium im Zuge des Auswahlprozesses konkrete Vorschläge für 14 große zusammenhängende Waldschutz- Gebiete vorgelegt. „Hier könnte sich in Zukunft ein ‚Urwald von morgen‘ entwickeln“, so Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU. Damit hätten die Menschen künftig die Chance, spektakuläre Wälder mit alten Baumriesen und seltenen Arten zu erleben. Einige der Vorschläge wurden nun vom Land aufgegriffen. „Besonders freuen wir uns über 1.000 Hektar im Hinterlandswald im schönen Wisper-Taunus“, so Manuel Schweiger, Wildnisreferent der ZGF. Ein weiteres großes Naturwaldgebiet wird im Kreis Hersfeld- Rotenburg der Landecker Berg (600 Hektar). Als vertane Chance sehen die Naturschützer, dass das Land an den Steilhängen nördlich des Edersees die Möglichkeit zur Bildung eines zusammenhängenden Waldwildnis-Gebietes nicht genutzt hat. Hier wachsen Wälder, die ohnehin kaum zu bewirtschaften waren und die als Wildniswälder eine tolle Ergänzung des Natur-Tourismus Angebots sein könnten. „Gerade wegen der Bewirtschaftungserschwernis konnten in den Steillagen mit hoher Sonneneinstrahlung seltene Arten überleben“, erläutert Gesche Jürgens von Greenpeace. Nach Ansicht der Verbände wäre hier ein 1250 Hektar großes Schutzgebiet möglich. Ab 1000 Hektar spricht man von „Wildnisgebiet“.

Als unzureichend bewerten die Umweltverbände vor allem, dass der Verzicht auf Holznutzung nur in der sogenannten Forsteinrichtung verankert werden soll. Diese wird alle 10 Jahre neu geschrieben. Spätestens dann stünden die Flächen wieder zur Disposition. „Das passt nicht zu einem Ewigkeitsprojekt. Urwälder von morgen für unsere Kinder und Enkel müssen dauerhaft als Naturschutzgebiet gesichert werden“, so Albert Wotke vom WWF. Als Naturschutzgebiet wären die Gebiete auch viel attraktiver für die Bevölkerung, die mit dem Begriff „Kernfläche“ nichts anfangen könne. Die Naturschutzverbände erwarten, dass alle Kerflächen auch einen naturschutzrechtlichen Schutz bekommen. „Mit den großen sollte begonnen werden: Alle Gebiete über 100 Hektar Größe sollten bis Ende des kommenden Jahres als Naturschutzgebiet gesichert sein“, fordert Jörg Nitsch, Vorstandssprecher des BUND.

Leider gebe es in manchen vom Landesbetrieb Hessen-Forst ausgewählten Wäldern auch kaum noch alte Bäume. Eine 200 Hektar große Fläche im Reinhardswald sei auf 70% nur noch 20-60jähriger Jungwald, so der NABU. Auch dies sei eine vertane Chance, weil es noch über 100 Jahre dauern werde, bis dieser Wald einen besonderen naturschutzfachlichen Wert entwickelt. „Die schönen Wälder werden gefällt, die abgeernteten geschützt“, so Eppler. Die hessische Biodiversitätsstrategie verfolgt das Ziel, eine natürliche Waldentwicklung in fünf Prozent des hessischen Waldes zu ermöglichen. Erreicht werden nun nur drei Prozent. „Ein Schritt in die richtige Richtung, aber weitere müssen folgen“, betont Rudolf Fippl, stellvertretender Vorsitzender der HGON. Da zur Erreichung des 5%-Ziels noch 16.000 Hektar Wald fehlen, hätte sich für die jetzt nicht berücksichtigen Verbändevorschläge ein vorübergehender Holzeinschlagsstopp (sogenanntes Moratorium) angeboten. Die Landesregierung hat diesen Vorschlag leider abgelehnt. Nun ist laut Fippl zu befürchten, dass die dortigen wertvollen Altholzbestände innerhalb kürzester Zeit verloren sind.

Ihre Ansprechpartner:

Manuel Schweiger, ZGF, Tel.: 069-943446-33, wildnis(ad)fzs.org
Mark Harthun, NABU Hessen, Tel.: 06441-67904-16, Mobil: 0170-3652404.

Wildnis rechnet sich! Studie zu Kosten-Nutzen des Nationalparks Bayerischer Wald erhält Förderpreis

argumente_naturkapitalDie sehr umfangreiche geographische Dissertation (575 Buchseiten) geht am Beispiel des Nationalparks Bayerischer Wald einer Frage nach, die erstaunlicherweise bislang noch nicht intensiv untersucht wurde, obwohl sie naheliegend ist: Wie sieht unter ökonomischen Gesichtspunkten die Kosten-Nutzen-Bilanz eines Nationalparks aus? Vor allem die Kritiker von Nationalparks führen ökonomische Einbußen an, die v.a. in der Forst- und Holzwirtschaft zu Buche schlagen, um die Ausweitung des Anteils naturbelassener (unbewirtschafteter) Flächen möglichst zu verhindern. Wie hoch diese (vermeintlichen) Schäden sind, bleibt jedoch meist unbestimmt; und ob sie womöglich kompensiert werden, etwa durch eine verstärkte touristische Nutzung des Nationalparks als Erholungsraum, bleibt ebenfalls unklar. Die öffentlichen Debatten sind bei diesen Fragen meist empirisch diffus, weil es kaum ganzheitliche Bewertungen der Kosten und Nutzen gibt.

Diese Forschungslücke wird mit der Studie geschlossen. Erstmals werden an einem konkreten Beispiel verschiedene umweltökonomische Bewertungsansätze im Hinblick auf Kosten wie Nutzen von Nationalparks empirisch verwendet. Die Arbeit gibt Auskunft darüber, welche volks- und regionalwirtschaftlichen Kosten (direkte, indirekte sowie Opportunitätskosten) durch die Etablierung des Nationalparks entstehen sowie ob, und wenn ja, in welchem Umfang diesen Kosten volks- und regionalwirtschaftliche Nutzen gegenüberstehen, die möglicherweise die Kosten übertreffen. Bis es zu dieser empirischen Erhebung kommt, werden in sechs, z.T. recht ausführlichen Kapiteln Untersuchungsgegenstand, Begrifflichkeit wie Methodik dargelegt sowie der Forschungsstand vorgestellt. In Kapitel 9 werden dann – auf der Basis von Befragungen, Experteninterviews sowie Auswertung vorhandenen Datenmaterials – die direkten und indirekten Kosten sowie die Opportunitätskosten des Nationalparks ermittelt, in Kapitel 9 der touristische Gebrauchswert sowie weitere ökonomische Nutzen des Nationalparks. Hierbei zeigt sich bereits, dass die Zahlungs-, Kosten- und Nutzenströme regional unterschiedlich sind: Während die Kosten meist vor Ort anfallen, verteilt sich der Nutzen – entsprechend der Besucherströme – zum Teil auf ganz Deutschland. Es ist ein besonderes Verdienst der Arbeit, hier mehr Klarheit verschafft zu haben.

Eine Besonderheit der Studie gegenüber vergleichbaren Arbeiten ist, dass sie sich bei der Erfassung des Nutzens nicht nur – wie die meisten anderen Arbeiten – auf die touristische Wertschöpfung konzentriert. Der Verfasser konnte vielmehr aufzeigen, dass die touristische Wertschöpfung zwar eine wichtige, aber bei weitem nicht die alleine dominierende Wertkomponente von Nationalparks ist. Der Anteil schwankt – je nach Szenario – zwischen rund 5 und knapp 50 %.

Bei der Erhebung von Kosten und Nutzen zeigt sich zudem, dass die Kosten teilweise eindeutiger zu bestimmen sind (v.a. die direkten Kosten) und weniger volatilen Annahmen und Werturteilen unterliegen als die einzelnen Nutzenkategorien. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass in der Diskussion die Kostenseite stets zu dominieren scheint. So als sei ausgemacht, dass Nationalparks ökonomisch stets ein „Zuschussgeschäft“ seien. Die genaue Auswertung der empirischen Erhebungen und Berechnungen zeigt jedoch ein anderes, differenzierteres Bild: In den meisten vom Autor durchgerechneten Szenarien erweist sich, dass der Nationalpark nicht – wie von interessierter Seite immer wieder behauptet wird – die per se volkswirtschaftlich nachteiligere Landnutzungsalternative darstellt. Dieses durchaus überraschende Ergebnis könnte dazu beitragen, in vorwiegend ökonomisch geführten Debatten die Akzeptanz des Schutzgebietes zu erhöhen.

Weitere Informationen zur Studie auf den Seiten der Gregor Louisoder Umweltstiftung