10. Wildnis und Wildtiermanagement
In Wildnisgebieten sollen Prozesse soweit wie möglich ohne menschlichen Einfluss zugelassen werden. Wildtiere prägen diese Prozesse und sollen sich in Wildnisgebieten weitestgehend ungestört verhalten können. In den Kernbereichen von Wildnisgebieten finden deshalb Jagd und Fischerei nicht statt.
Effekte, die große Beutegreifer wie Luchs und Wolf – sogenannte Spitzenprädatoren – auf ihre Beutetiere und kleinere Beutegreifer ausüben, können vom Menschen nicht durch Jagd ersetzt werden. In bejagten Gebieten entwickeln Wildtiere ein Fluchtverhalten mit großen Fluchtdistanzen und verlagern ihre Aktivitäten von den Tages- in die Abend- und Nachtstunden. In Wildnisgebieten soll das natürliche Verhalten der Tiere nicht gestört werden. Erfahren Wildtiere keine jagdlichen Nachstellungen, können sie zudem besser beobachtet werden.
Die Effekte von Luchs und Wolf können vom Menschen nicht durch Jagd ersetzt werden.
Jagd- und Fischereirechte und länderspezifische Rechtsvorschriften, die Flächeneigentümer zum Management verpflichten, können dem Schutzzweck in Wildnisgebieten entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund ist ein differenziertes Vorgehen in den Kernbereichen und in den Pufferbereichen eines Wildnisgebietes nötig (siehe Position 2). Damit kann dem Schutzzweck Wildnis und zugleich den rechtlichen Vorgaben entsprochen werden.
Im Kernbereich eines Wildnisgebietes findet grundsätzlich spätestens zehn Jahre nach der Ausweisung keine Fischerei, keine Jagd bzw. kein Wildtiermanagement mehr statt. Hegeverpflichtungen werden aufgehoben und jegliche Infrastruktur für Jagd und Fischerei wie Anlegestellen, Stege, Hochstände, Wege oder Wildwiesen zurückgebaut oder aufgegeben. Pachtverträge werden nicht mehr verlängert. Die Entwicklung der Gebiete wird möglichst wissenschaftlich begleitet und dokumentiert. So können neue Erkenntnisse gewonnen werden, wie sich Arten verhalten und wie sie ihren Lebensraum beeinflussen.
Bei Bedarf kann im Pufferbereich Einfluss auf den Wildtierbestand bzw. auf das Verhalten von Wildtieren genommen werden, um unerwünschte Effekte von Wildtieren wie Huftieren und nicht-heimischen Arten auf das angrenzende Umland zu verringern oder hier entsprechende Rechtsvorgaben um-
zusetzen. Ein gegebenenfalls durchzuführendes Wildtiermanagement erfolgt unter diesen Maßgaben: Die Erfordernisse müssen nachgewiesen, gebietsspezifische Konzepte erstellt und der Erfolg durch ein geeignetes Monitoring beschrieben werden. Die Konzepte sind anhand der Erkenntnisse aus dem Monitoring regelmäßig zu aktualisieren und fortzuschreiben.
In Wildnisgebieten soll das natürliche Verhalten der Tiere nicht gestört werden. So können sie zudem besser beobachtet werden.
Foto: ©Daniel Rosengren