Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
Zwischen Land und Wasser
Kurzbeschreibung
Das Wattenmeer an der Küste Niedersachsens ist nicht nur der zweitgrößte Nationalpark Deutschlands, sondern auch ein weltweit einzigartiges Ökosystem und Eldorado für die unterschiedlichsten Arten. Eine endlose Wasserfläche bis zum Horizont, die sich bei Niedrigwasser in eine weite, grau-braune Schlammfläche verwandelt. Der Schein einer artenarmen Gegend trügt: Hinter dem ewigen Wechsel aus Ebbe und Flut verbirgt sich eine der produktivsten Landschaften der Erde, allenfalls der tropische Regenwald ernährt noch mehr Leben. Während dort Urwaldriesen, Waldelefanten oder Tiger die Lebensgemeinschaft prägen, übernehmen an der Nordseeküste Robben, Schweinswale, Wat- und Wasservögel, Würmer, Muscheln, Schnecken und salztolerante Pflanzen diese Rolle ähnlich effektiv. In schmalen Wasserläufen, die hier an der Küste „Priele“ genannt werden, gurgelt das Wasser Richtung Nordsee, nur um sechs Stunden später wieder zurückzuströmen. Dieser Puls der Gezeiten trägt zweimal am Tag reichlich neue Nährstoffe in das Wattenmeer, die das Leben in dieser vermeintlich lebensfeindlichen Fläche im gleichen Rhythmus explodieren lassen.
Highlights
Diesem extrem produktiven Wattenmeer haben Menschen ihren Stempel bisher kaum aufgedrückt. Zum Glück, schließlich hängt das Leben vieler Tiere nicht nur an der Nordseeküste von diesem nahrungsreichen Feuchtgebiet ab. Seehunde, Kegelrobben, Schweinswale und viele Fische haben hier ihre Kinderstube. Auf dem Ostatlantischen Zugweg zwischen Sibirien, Grönland und Kanada im Norden bis hin nach Afrika im Süden ist das Wattenmeer der zentrale Rastplatz für Millionen von Zugvögeln und von weltweiter Bedeutung. Für die langen Flüge brauchen sie viel Energie. Weit mehr als zehn Millionen Zugvögel nutzen das Wattenmeer an der Nordsee daher als riesige Tankstelle, an der sie sich den Speck für den Weiterflug anfressen. Der amselgroße Knutt hat bei seiner Landung im Watt zum Beispiel ein Drittel seines Körpergewichtes verloren. Rund 700.000 Knutts leben in der alten Welt, jeder von ihnen rastet im Frühjahr und Herbst jeweils rund drei Wochen im Wattenmeer und frisst in dieser Zeit rund fünfzehntausend kleine Muscheln. Das Körpergewicht steigt von 140 auf 240 Gramm, bis der Vogel behäbig wie ein überladener Jumbo-Jet zum Weiterflug Richtung Taimyr-Halbinsel im Norden Sibiriens im Frühjahr und nach Mauretanien im Westen der Sahara im Herbst startet. Zu diesen mehr als zehn Millionen Wanderern kommen noch einmal eine Million Austernfischer, Silbermöwen, Seeschwalben und andere Vögel, die jedes Jahr im Wattenmeer ihren Nachwuchs großziehen.
In wärmeren Regionen sind vergleichbare Gezeitenlandschaften durch Mangrovenwälder geprägt. Im klimatisch gemäßigten Wattenmeer entwickeln sich stattdessen im Übergangsbereich zwischen Land und Meer Salzwiesen. Der Pionier in der direkten „Kampfzone“, die zweimal täglich mit Meerwasser überflutet wird, ist der Queller. Richtung Deich liegen die Salzwiesen etwas höher über dem Meeresspiegel und werden seltener überflutet. Dort fühlen sich Andelgras und Strandflieder, Salzaster und Keilmelde wohl. Alle Salzwiesenpflanzen haben spezielle Mechanismen entwickelt, um mit ihrem salzigen Lebensraum klarzukommen, in dem jede Landpflanze eingehen würde.
Wildtiermanagement bzw. Jagd
Das Nationalparkgesetz erlaubt die Jagd zwar, im Watt wird aber normalerweise nicht gejagt. Auf den Inseln ist die Jagd auf Wasservögel auf zehn Tage im Jahr beschränkt. An Säugetieren werden die auf den Inseln heimischen Rehe, aber auch das eingeschleppte Damwild, sowie über das Watt einwandernde Füchse gejagt. Die Rastgebiete für Zugvögel sind als Jagdruhezonen ausgewiesen. Ausnahmen gibt es zum Beispiel für die Jagd auf Kaninchen, weil sie die Deiche beschädigen können, die wiederum die Siedlungen der Menschen schützen. Die angestrebte weitere Reduzierung der Jagd lässt sich in dieser uralten Kulturlandschaft allerdings nur langsam verwirklichen.
Auch die Fischerei (Fische, Garnelen, Miesmuscheln) ist zulässig.
Wildnis erleben
Höhepunkt des Jahres sind sicher die Zugvogeltage im Herbst, an denen neben der Beobachtung von Heerscharen von Zugvögeln viele weitere Veranstaltungen wie Vorträge, Workshops, Musik, Kunst und Kulinarik auf dem Programm stehen. Ganzjährig bieten die Nationalparkhäuser und zertifizierte Nationalpark-Führer*innen, Wattwanderungen, Exkursionen in Dünen und Salzwiesen und Schiffsausflüge an.
Wie klingt dieser Nationalpark?
Lehnen Sie sich zurück und lauschen Sie hier den Naturgeräuschen:
Urheber: Ursula & Frank Wendeberg, www.im-vielklang-mit-der-natur.de
Bundesland: Niedersachsen
Größe des Wildnisgebiets: 13.789,4 Hektar (nur Landfläche)
Größe des Nationalparks (inkl. Wattenmeer- und Wasserflächen): 345.404 Hektar
Die folgende Karte zeigt nur die Landfläche des Nationalparks:
Quellen: Karten-Daten von OpenStreetMap, unter ODbL, Karte Copyright: Datenlizenz Deutschland – Namensnennung – Version 2.0: Abgrenzung der Ruhezone des Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ in der Fassung vom 11. November 2020, Nds. GvBl. Nr. 43/3030; modifiziert (Zuschnitt auf Landfläche mithilfe CLC-Daten)
Kontakt
Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer
Virchowstr. 1
26382 Wilhelmshaven
Tel.: 04421 911-0
E-Mail: poststelle@nlpv-wattenmeer.niedersachsen.de
Website: http://www.nationalpark-wattenmeer.de/nds