Traumjob Förster im Nationalpark Bayerischer Wald
Im Gespräch: Till Clos
Wie haben Sie Ihren Traumjob gefunden?
Das war ein längerer Weg, auch mit einigen wichtigen persönlichen Entwicklungen. Das Entscheidende war sicher, dass ich immer die Herausforderung angenommen habe, Neues zu lernen oder auszuprobieren. Dabei hat mich meine Frau sehr unterstützt. Ich kann jedem nur empfehlen sich Gedanken darüber zu machen, was einem Spaß macht, was einen antreibt und wie sinnvoll das für den Erhalt unserer Erde eingesetzt werden kann.
Wildnis ist etwas sehr Seltenes geworden auf diesem Planeten.
Wie sieht ein typischer Tag im Leben eines Nationalparkförsters aus?
Ähnlich wie die Natur muss sich auch ein Nationalparkförster täglich auf neue Herausforderungen einstellen. Unsere Arbeit etwa beim Borkenkäfermanagement in der Managementzone des Nationalparks hängt von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren ab, wie der Verfügbarkeit von Forstunternehmern, Unwetterereignissen, Vorkommen von besonders geschützten Arten auf Käfer-Flächen und vielem mehr. Da gilt es, flexibel zu bleiben. Neben meinen täglichen Fahrten ins Revier und der Leitung der Einsätze meiner Waldarbeiter und externer Forstunternehmer gehören auch klassische Büroarbeiten und längerfristige Planungen wie Wegeinstandsetzungsarbeiten zu meinen Aufgaben. Meine tägliche Fahrt in den Feierabend versuche ich, wenn möglich, mit dem Fahrrad durch das eigene Revier zu machen.
Sie haben die Managementzone angesprochen. Welche Bereiche gibt es noch im Nationalpark?
Der Nationalparks Bayerischer Wald ist in die Naturzone und die Managementzone aufgeteilt. Diese Aufteilung ist in der Nationalparkverordnung festgeschrieben. In der Naturzone, die 75 Prozent der Fläche ausmacht, hat der Erhalt der natürlichen Prozesse Vorrang. Das bedeutet, dass dort keine forstlichen Maßnahmen stattfinden – mit Ausnahme von Verkehrssicherungen entlang von Wegen und Straßen. Deshalb wird in den Naturzonen in die Vermehrungen des Borkenkäfers nicht eingegriffen, das heißt, er wird dort nicht bekämpft. In der Managementzone des Nationalparks werden befallene Fichten entnommen, um eine Ausbreitung in benachbarte Wälder außerhalb des Nationalparks zu verhindern.
Gibt es Aufgaben, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Eigentlich alle Tätigkeiten, die diesem besonderen Schutzgebiet zugutekommen und helfen, mehr Wildnis zu schaffen oder zu bewahren.
Wie unterscheidet sich ihre Tätigkeit als „Wildnis-Förster“ von der Tätigkeit eines Försters im Wirtschaftswald?
Beide Berufe sind spannend und sehr komplex. Sie zeichnen sich durch viel Entscheidungsfreiheit und Arbeit in und mit der Natur aus. Hier im Nationalpark bin ich mehr wie ein „Hüter“ der Natur und vorrangig für ihren Schutz verantwortlich. Gleichzeitig muss ich Eingriffe wie das Borkenkäfermanagement steuern und möglichst schonend durchführen. Auf der anderen Seite wirke ich daran mit, den Menschen Erholung und schöne Erlebnisse zu ermöglichen: „Besuchermanagement“ und „Umweltbildung“ stehen auf der Tagesordnung. Im Wirtschaftswald dagegen steht meist das wirtschaftliche Geschehen stark im Vordergrund. Arbeiten in Verbindung mit Holzeinschlag und Jagd machen 80 bis 90 Prozent der Betriebsarbeiten aus. Auch wenn es selbstverständlich ein positiver gesellschaftlicher Beitrag ist, Holz als Werk- und Rohstoff bereit zu stellen. Im Wirtschaftswald wird einem Baum ein Wert in Euro beigemessen, im Nationalpark ist ein Baum unbezahlbar und darf im Idealfall seinen ganzen Lebenszyklus vom Keimen bis zum Zerfall durchlaufen.
Warum fasziniert Sie Wildnis?
Wir Menschen haben auf fast 95 Prozent der Erdoberfläche unsere Spuren hinterlassen. Wildnis ist etwas sehr Seltenes geworden auf diesem Planeten. Ich glaube Wildnis fasziniert uns Menschen, weil wir sie alle noch in uns tragen, außerdem sind wir natürlich gleichzeitig Teil der wilden Natur. Auch wenn wir uns von ihr entfremdet haben und uns durch moderne Kleidung, Fahrzeuge, Wohnhäuser oder durch digitalen Konsum oft von ihr abschotten. Aber tief in uns schlummert ein Wissen oder eine Sehnsucht nach dieser uralten Verbindung. Das ist nicht verwunderlich. Schließlich ist die ganze Menschheitsfamilie aus dieser Wildnis hervorgegangen. Mir vermittelt die Wildnis ein Gefühl der tiefen Geborgenheit und Weisheit. Die ursprüngliche Kraft der Schöpfung ist für mich hier viel stärker spürbar als in einer modernen menschlichen Siedlung.